Der Name "Zwei Mohren"
Der „Mohr“ ist altertümlich, aber nicht rassistisch, doch das will eine kleine und lautstarke Minderheit einfach nicht wahrhaben. Ein Gastbeitrag von Helmut Glück
Das Wort „Mohr“, so wird behauptet, sei herabsetzend. Die Berliner Verkehrsbetriebe wollen deshalb den U-Bahnhof Mohrenstraße umbenennen. Auch anderswo steht das M-Wort unter Beschuss. „Mohr“ ist schon im Althochdeutschen belegt als Entlehnung aus dem Lateinischen, wo „maurus“ einen Bewohner Nordwestafrikas bezeichnet, einen Mauren. Davon ist das Adjektiv „maurisch“ abgeleitet, das unter anderem in der Kunstgeschichte Verwendung findet.
Das Wort findet sich auch in anderen Sprachen: „moor“ im Niederländischen, „mòro“ im Italienischen, „more“ in der französischen Literatur. Mit dem altgriechischen „moros“, das „dumm“ bedeutet, hat „Mohr“ sprachgeschichtlich nichts zu tun; dass dieser lautliche Zufall immer wieder fälschlich als „Argument“ bemüht wird, spricht für sich. „Mohr“ ist eine Bezeichnung für einen dunkelhäutigen Menschen. Sie klingt heute altmodisch. Doch ist sie deshalb abwertend?
Auf „maurus“ beruhen die Ländernamen „Mauretanien“ und „Mauritius“. Sie stehen nicht unter Rassismusverdacht. „Morisken“ waren getaufte Mauren im alten Spanien, „Moresken“ sind Ornamente in der islamischen Kunst, „Morellen“ dunkle Kirschen. Einer der Heiligen Drei Könige, die dem Jesuskind ihre Gaben brachten, war ein Mohr. Bei den Sternsingern färbt sich eines der Kinder das Gesicht schwarz, weil es den Mohrenkönig darstellt. Das soll rassistisch sein.
Der Name „Moritz“ beruht auf demselben Wortstamm. Moritzburg liegt in Sachsen, Moritzkirchen gibt es landauf, landab. Man wird den Gefährten von Wilhelm Buschs Max umbenennen müssen, falls auch der Name „Moritz“ in Verruf kommt. Er geht zurück auf den heiligen Mauritius, den Patron der Soldaten, der Tuchweber und anderer Berufe. Kaiser Otto I. gründete im Jahr 937 das Mauritius-Kloster in Magdeburg und holte die Gebeine des Heiligen dorthin. Mauritius wurde zum Schutzpatron Magdeburgs und schließlich des ganzen Reiches. Sein schwarzer Kopf ziert (unter anderem) die Wappen Sardiniens, Korsikas und des Hochstifts Freising sowie viele Stadtwappen, beispielsweise das von Coburg.
Eine Berliner Initiative sammelt derzeit Unterschriften mit dem Ziel, den Heiligen aus dem Coburger Stadtwappen zu tilgen. Eine ältere Initiative war damit 1934 vorübergehend erfolgreich. Apotheken (z. B. in Bayreuth), Brauereien (z. B. in Coburg) und Gasthäuser (z. B. in Gotha) führen den Mohren im Namen. Mohrenstraßen, Mohrenplätze und Mohrenbrunnen gibt es vielerorts. Die Mohrenapotheke in Wien wird gerade umbenannt, weil eine Amtsperson von der SPÖ den Namen für rassistisch hält.
Die Redensart „Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohr kann gehen“ (Schiller, Fiesco) wäre in künftigen Drucken zu schwärzen, sollte das Wort auf den Index geraten. Die Mohrenwäsche und den kohlpechrabenschwarzen Mohren im Struwwelpeter müssten wir umbenennen, ebenso das Mohrenhuhn und die Mohrentaube, die Mohrenhirse und das Mohrenkraut. Der Sarotti-Mohr wurde bereits gebleicht und sieht nun aus, als habe er Gelbsucht. Die Brauerei Tucher (Nürnberg) hat bisher an ihrem Mohren-Logo festgehalten, die Kaffeerösterei Meinl (Wien) nicht. Der „Mohr im Hemd“, eine österreichische Leckerei, hat bisher alle Anfeindungen überlebt.
Der Mohrenkopf nicht: er wurde durch den „Schokokuss“ ersetzt. Doch im Bregenzer Wald heißt ein Berg bis heute so. In der Fassade des Bamberger Mohrenhauses steht die Skulptur eines gekrönten Mohren, der selbstbewusst auf die Passanten herabschaut. Auch er steht auf einer Abschussliste. Die Netzseite „MyHeritage“ gibt an, dass sie 1.418.813 Belege für den Familiennamen Mohr besitzt. Soll man den Mohrs ihren Namen verbieten? Eine lautstarke Minderheit vergreift sich an einem Wort.
Sie brandmarkt es in Unkenntnis seiner Geschichte als rassistisch, doch es ist allenfalls altertümlich. Der Mohr steht in Wappen, im Namen von Apotheken, Gasthäusern und Firmen für einen Heiligen, er war Gegenstand religiöser Verehrung. Mohrendarstellungen haben ihre Wurzeln im Mittelalter, als es den neuzeitlichen Kolonialismus, aus dem im 19. Jahrhundert der abscheuliche „moderne“ Rassismus entstand, noch nicht gab. Das alles ignorieren die Mohren-Verächter. Wollen sie den Mohren aus der Sprache und der Bilderwelt verbannen, nur weil er schwarz ist?
Der Autor hat Sprachwissenschaft und Deutsch als Fremdsprache in Bamberg gelehrt.